Stefan Pütz

Eifeler Köpfe “TrengeSteff“

Kall-Sistig

Als Original bezeichnet man landbekannte Persönlichkeiten, die sich durch ihre Tätigkeiten, besondere Fähigkeiten, Angewohnheiten, Denkweisen und ihr Benehmen, auf eigentümliche Weise vom Gewöhnlichen entfernt haben. Stefan Pütz – Kunstschmied, Schlosser und Restaurator –, immer authentisch, ist einer davon. Nicht nur in Sistig, sondern weit über die Gemeindegrenzen hinaus kennt man den weitgereisten Dorfschmied mit dem schelmischen Lachen und den vielen Berufen. Als junger Mann zog es ihn in die große weite Welt.

Schon mit zwölf Jahren überkam ihn das Fernweh, und so fuhr er – ohne Navi – mit dem Fahrrad in den Westerwald, zum Geburtsort seiner Mutter. „Später kurvte ich mit meiner Yamaha und mit meinen Eifeler Motorradkumpels durch halb Europa, oder, am Reisetag erst am Mittag beschlossen- spontan nach Paris. Bei einer Fahrt in den Süden, ohne eine vorher bestimmte Route, landete man dann auch mal in Jugoslawien“, erinnert sich Steff. USA, Kanada und Großbritannien waren seine Fernreisen.

Auch wollte er einmal auswandern. Sein Ziel sollte Tonga Land im Südpazifik sein. Aber dann verstarb der „kleine König“ dort. „TrengeSteff singe Künning es dut“, hieß es da in Sistig, womit man ihn im Karneval auf die Schippe nahm. Heute hängt er wie eine Klette an seinem Geburts- und Heimatort. Sistig ist der Lebensmittelpunkt des 73- jährigen. Seine ersten beiden Lehren waren Stahlbau-Schlosser und Technischer Zeichner.

Dann machte er den Maschinenbau-Techniker in München, wo er später als Nebeneffekt den dortigen Dialekt wie ein Ur-Bajuware beherrschte. Nach der Rückkehr in die Eifel arbeitete er in verschiedenen Branchen am Reißbrett. „Von Kindesbeinen jedoch erlebte ich die Arbeiten in unserer Schmiede, die 1908 von meinem Großvater gegründet wurde, und nutzte jede Gelegenheit zur Mithilfe. Heiße Eisen zu krummen Dingern schmieden- lautete mein Wahlspruch. Von den alten Techniken angetan reifte in mir der Wunsch, eines Tages die Schmiede selbstständig zu betreiben. So übernahm ich 1976 Hammer, Amboss und Esse von meinem Vater.

„Seitdem arbeite ich in dieser Werkstatt und dem Gebäude, das gleichzeitig auch mein Elternhaus war“, erläutert Stefan Pütz die Geschichte des Familienunternehmens. „1999 entschloss ich mich mein Tätigkeitsfeld zu erweitern, und belegte an der Akademie des Handwerks Schloss Raesfeld den Studiengang „Restaurator des Handwerks“.
Hier erlangte ich die erforderlichen Kenntnisse in Bau- und Kunstgeschichte, und die Zusammenhänge der Metallverarbeitung von der Antike bis heute. In dem Bewusstsein zum Erhalt und zur Pflege von Kunst- und Kulturgut konnte ich viele Aufträge im Bereich Denkmalpflege- und Nutzung – an Burgen, Schlössern, Kirchen, Klöstern und Museen- verbuchen.“ Auch im privaten Bereich an historischen Gebäuden in den alten und neuen Bundesländern hat er seine Spuren hinterlassen, wobei man ihn auch bei der Gestaltung jeweils mit einbezog. In einer Kirche in Essen konnte er beispielsweise das Taufbecken und das Ewige Licht neu errichten. Zwischen 2009 und 2017 hat er bei der Ausgrabung des Kölner Doms mit großer Energie und Leidenschaft aufwändige Schlosserarbeiten geschmiedet. Zu dieser Zeit vertraute man ihm auch den Domschlüssel an.


 Einer seiner zwölf Lehrlinge die er ausbildete, ist heute noch Meister in der Dombauhütte. Schlagzeilen in der örtlichen Presse machte Steff auch seit die mexikanische Handwerkskammer 1980 seinen Betrieb besuchte. Für die Kirche in Sistig bekam er den Terminauftrag Kronleuchter zu schmieden. Zu diesem Zeitpunkt bekam die Familie Pütz nach geraumer Zeit nochmal Nachwuchs, und Steff hatte gerade nicht die Nerven für den Auftrag. 

So ließ er den Erstellungstermin so lange verstreichen, bis der Seelsorger ihm ankündigte sein Töchterchen solange nicht zu taufen, bis die Kronleuchter die Kirche schmückten. „Dann blievdattäver lang ein Heidekindche“ konstatierte man in Sistig. Da besann er sich schnell, und es wurde getauft. Stefan Pütz bringt sich auch heute noch ehrenamtlich und tatkräftig in das Dorfgeschehen ein, und hat viele Projekte mitgestaltet. 


Ob bei der Freiwilligen Feuerwehr, dem Sportverein oder dem Bürgerverein, seine Ideen und sein Rat sind stets gefragt. Er war elf Jahre Sitzungspräsident im Sistiger Karneval, trat auch als Büttenredner hervor, wobei er auch sich selbst aufs Korn nahm.Er hatte nie politische Ämter inne, war aber immerdiskussionsfreudig und auch kritisch. Des Öfteren lag er dadurch im „Eifeler Platt“ pressewirksam mit der Obrigkeit im Clinch. Nahezu 20 Jahre verkörperte er auch den „Sankt Martin“. 1989 zog man wegen seines Parteienwechsel einen anderen vor.

 Diese Affäre war zu Karneval ein gefundenes Fressen, und so ritten in jenem Jahr vier Sankt Martins auf hölzernen Steckenpferden in den jeweiligen Parteifarben durch die Bürgerhalle.TrengeSteff ist „das Mädchen für alles“ im Ort, ein Mensch dem seine Heimat und seine Bewohner am Herzen liegen, und der sich mit Rat und Tat für sie einsetzt, wann immer er gebraucht wird. Noch heute lodert bei ihm das Schmiedefeuer, Hammer und Amboss sind im Einsatz – allerdings nur noch für besondere Reparatur- und Restaurierungsarbeiten, oder für besonders sympathische Kunden. Daher gilt für ihn weiter: Man kann mich aus der Schmiede holen, aber den Schmied nicht aus mir.

 

 Autor: Peter Meurer

 Fotos: privat, Profipress, Peter Meurer