Waldi’s Verzällche

Über den Wolken…fühlt sich jeder dritte Passagier unwohl. Sonja, meine Lebensgefährtin war so eine Dritte. Sie leidet unter Flugangst. Als guter Partner in allen Lebenslagen, leide ich daher auch mit, bin aber von diesen Angstzuständen nicht betroffen. Ich kann also ganz entspannt mit dem Flieger verreisen. Unsere letzte gemeinsame Reise war ein Flug nach London zur Kondolenz des Todes von Queen Elisabeth, die ihre letzte Reise schon angetreten hatte. Sonja hatte schon Tage vorher ihre üblichen Angstattacken. Ich war also gewappnet. Aber selbst als ich ihr erklärte, dass eine Statistik besagte: Fliegen ist sicherer als Heiraten. Denn in Amerika sterben jedes Jahr circa 8000 Menschen durch die Hand ihres Ehepartners, und somit ist die Wahrscheinlichkeit vom eigenen Ehepartner ermordet zu werden, um 13 Mal höher, als bei einem Flugzeugabsturz zu sterben. Auch das konnte ihr den Gedanken des „Ausgeliefert sein“ nicht nehmen. Auch eine Idee sich bei klassischer Fahrstuhlmusik vorher hypnotisieren zu lassen, hielt sie nicht für hilfreich, und wurde sogleich aufgegeben. Flugangst ist nun mal ein nicht zu unterschätzendes Problem bei Sonja, und schränkt ihre persönliche Freiheit ein. Deshalb habe ich ihr auch nicht gesagt, dass jüngst eine Frau mit dem gleichen Problem Glücksbringer in der Form von Münzen vor dem Start ins Triebwerk geworfen hat. Laut Polizei waren es neun Münzen in die Turbine „um für Sicherheit zu beten“. Turbine als Wunschbrunnen. Wat et net all jit. Bei ihren Gedanken was für furchterregende Dinge im Flugzeug passieren könnten, erinnere ich mich, dass sie bei einem unserer gemeinsamen Flüge vom Piloten Einsicht in die Sicherheits-Checkliste verlangte und auch bekam. So kommt man als einfacher Passagier mal eben so auch mal ins Cockpit. Beim Flug nach England also konnte ich es aber einfach nicht lassen, auf der Gangway stehend, meiner Holden, natürlich scherzend, darauf hinzuweisen in welch schlechtem optischen Zustand sich das Flugzeug befand. Keinen Niet oder gar Rostfleck oder solcher der von weitem so aussah, habe ich dabei übersehen. Das war meine Masche wohlwissend, dass ich bereits beim Abheben wieder Sonjas Held spielen konnte. Sobald sich die üblichen Symptome, wie Herzrasen, Schweißausbrüche und Schnappatmung bei ihr einstellten, mussten meine starken Hände die ihren Halten, und gleichzeitig ihre Stirn mit Kölnisch Wasser beträufelt werden. Das „Pitschen“ bei jedem Luftloch, und das waren einige, musste ich schließlich auch noch ohne Klagelaut ertragen. Keine Panikattacken, nur zittrige Knie bei der Ankunft. Der Rückflug war nicht anders- aber wie sagt man so schön auf Kölsch: „Et hätt noch emmejoodjejange“.


Bes nächste Mond – Euer Waldi (Ikarus)


Autor: Peter Meurer