Automobile Träume

Zwei Schwestern mit Passion für Autos aus den 70ern

Nideggen/Region. Nein, verwundert ist das Ehepaar Heidbüchel-Schalt nicht, dass ihre beiden Töchter Julia Maria und Marie mit Oldtimern unterwegs sind. Diesen "unkaputtbaren" Virus hat Vater Ralf Heidbüchel von je her vorgelebt und an seine Damen weitergegeben. Denn in seinem Leben drehte sich immer schon alles um diese Art von Automobilen.

Beide Töchter fuhren schon in ihrer  Kindheit mit ihren Eltern zu Oldtimer Veranstaltungen und Rallyes. Dabei haben sie ihren Eltern das Versprechen abgerungen, gleich nach dem Erhalt der Führerscheine, einen eigenen Oldtimer fahren zu dürfen. Und so ist es dann am Ende auch gekommen. Doch wer glaubt dass da plötzlich ein fahrbereites Auto vor der Türe stand, der irrt.

„Die Leidenschaft zur Technik wurde uns von unserem Papa, der selber einen weinroten Mercedes, Strich 8 fährt,  weitergereicht. Aber auch besonders die Freiheit, noch alles selbst am KFZ reparieren zu können oder, dass der Fahrer selbst entscheiden kann, wie er fährt und nicht durch Fahrassistenzsysteme "bevormundet" wird, sind die Dinge bei Oldtimern, die ich besonders mag", erklärt Marie Heidbüchel (26 Jahre) ihre Passion. Die stolze Besitzerin eines Opel Kadett B in Luxusausstattung (L), Baujahr 1972, ist als gelernte Automobil-Kauffrau/Serviceberaterin auch 


beruflich ganz im Thema. „Ich wollte schon immer einen Opel. Und eines Tages erfüllte mir mein Papa meinen Traum - und das sogar mit verschwenderischen Chromleisten und Sportschaltung. Aus Sicherheitsgründen verabschiedete sich mein Vater von den  Trommelbremsen und rüstete auf Scheibenbremsen, vorne und hinten, um. Auch heute noch hat der Kadett 70 Prozent von seinem ursprünglichen Lack. Nach weiteren Reparaturen war mein Oldtimer nach einem Jahr fertig und begleitet mich seitdem durchs Leben, wie an jedem Tag meiner dreijährigen Ausbildungszeit - auch im Winter. Ich schätze am Kadett vor allem seine Verlässlichkeit. Er springt einfach immer an und hat wundervoll bequeme Sitze. Davon können sich die heutigen Autos immer noch eine Scheibe abschneiden."

Bei dem Oldtimer ihrer älteren Schwester Julia Maria Schalt (29 Jahre) wurde es ein ganz besonderer Peugeot 304 (Baujahr 1972). Ein seltenes Cabriolet und - eine echte Diva. „Bei Oldtimern hört und spürt man noch das fahren und nimmt es mit allen Sinnen wahr. Der Start mit meinem Peugeot war jedoch nicht ganz einfach. Wir erstanden ihn in der Zustandsnote 5 und er war dementsprechend stark restaurierungsbedürftig. Er kam in Einzelteilen an und das Gros der Karosserie war zwar zu erkennen aber übel verrostet. Als größtes Problem 


entpuppte sich aber die Teilebeschaffung, denn es fehlten viele Teile. Wie beim Schaltgestänge zum Beispiel. Weil es unmöglich war es zu besorgen, stellte es Vater Ralf kurzerhand selber her. Aber genau solche Arbeiten, also wie das recherchieren nach  geeigneten Ersatzteilen oder das selbst herstellen von Dingen und umdenken auf französische Maße und Werkzeuge - sind einerseits unfassbar katastrophal aber eben auch für uns auch das Schönste, bei der Beschäftigung mit Oldtimern“, verrät Julia. „Und zugegeben“, schwärmt die inzwischen junge Mutter, „der Kadett ist zwar das praktischere Alltagsauto, aber gerade an sonnigen Tagen, wenn ich mit dem Peugeot ohne Verdeck unterwegs sein kann, liegt sein Vorteil natürlich klar auf der Hand. Dann fühle ich mich jeden Tag wie im Urlaub.“ Doch damit sich solch schöne Gefühle bei Julia einstellen konnten, investierte Vater Ralf immerhin 700 Arbeitsstunden.


Die Schwestern haben nicht nur jahrelang ausschließlich Oldtimer gefahren, sondern auch bei der Fertigstellung der Autos selbstverständlich immer ganz viel mit angepackt, keine Arbeit gescheut und jede Menge dabei gelernt. Nach anfänglichem Üben im Umgang mit dem Oldtimer ihrer Mutter Manuela, einem Ford Taunus 20 m TS, waren sie dann für den Alltag mit ihren eigenen Oldtimern bestens geschult, denn der schwere und große Ford war ohne Servolenkung eine ganz eigene Herausforderung für die zierlichen, jungen Frauen.

Wenn die beiden Schwestern an das Besondere am Leben mit den Oldtimern denken, dann darf auf der sinnlichen Ebene natürlich nicht die Musik fehlen, die das einmalige Gefühl beim fahren verstärkt. „Komischerweise können wir der standesgemäßen Musik aus den 1970er Jahren nicht so viel abgewinnen", so Julia und Marie. "Wir präferieren da beide eher Musik aus den 80ern, vor allem die der Deutschen Welle und des Punk-Rocks." 

„Für uns bedeutet Oldtimer fahren eben mehr als nur ins Auto zu steigen und zu fahren" ist sich die Oldtimer verrückte Familie einig und stellt unmissverständlich klar: "Für uns ist ein Leben ohne Oldtimer zwar möglich, aber eben auch völlig sinnlos!"


Text u. Fotos: (bvl)