Denkmal führt in USA zerstrittene Familie wieder zusammen

HeuGeVeRoetgen: Die „Geschichte“ hinter der „Geschichte“

Roetgen/Nordeifel. Der Schreckt sitzt tief. Wut, Enttäuschung und Kopfschütteln über die „scheußliche Tat“ der Zerstörung des Gefallenen-Denkmals. Dieshatte der Heimat- und Geschichtsverein (HeuGeVe) Roetgen auf seinem Grundstück an der Höckerlinie des Westwalls in Roetgen errichtet und es wurde von Unbekannten am 5. September „total zerstört.“ Vandalen haben ganze Arbeit geleistet und dem Verein erheblichen Schaden zugefügt.

Mit einem Hammer ist die an vier Edelstahlstiften aufgehängte, gestaltete Granitplatte durch mindestens einen Schlag so zerstört worden, dass sie in neun Teile zersprang. Der Staatsschutz ermittelt derweil in dieser Angelegenheitgegen Unbekannt. Rolf Wilden, Geschäftsführer und Pressewart des Vereins erzählt, dass im Jahre 2019, als der HeuGeVe in einer bemerkenswerten Aktion das Grundstück an der Höckerlinie in Roetgen „wieder sichtbar gemacht hatte“ und zum Abschluss dieser Aktion die Opfer der beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert 

auch an dieser für die Geschichte Deutschlands wichtigen Stelle nicht vergessen wollte, ein Gedenkstein errichtet wurde, der beispielhaft an die vielen Opfer erinnern sollte. „Wir wollten niemanden provozieren, wir wollten lediglich erinnern und gegen das Vergessen angehen“, versichert Wilden.

Chaoten oder Betrunkene nicht die Urheber Dann kommt Rolf Wilden gezielt auf die „scheußliche Tat“ zu sprechen. Er vermutet, dass die Täter wahrscheinlich einen Schlosserhammer von etwa 300 Gramm, wie man eindeutig aus dem Loch an der Einschlagstelle entnehmen könne, verwendet haben. Auch die Antwort auf die Frage nach dem Täter-Motiv lässt sich nun sehr wahrscheinlich aus dem Schadensbild entnehmen. Die Einschlagstelle befindet sich genau im Wort „German“ und das Segment mit dem Porträt von „Heinrich Brunk“ war herausgenommen und auf den Boden gelegt worden. Für Wilden bedarf es wahrlich keiner allzu großen Fantasie, um sich darauf einen Reim zu machen. „Wir glauben jedenfalls nicht, dass Chaoten oder Betrunkene die Urheber waren“, sagt er.

Steinmetz Ziemons (Raeren) erneuert Platte

Der HeuGeVe-Vorstand habe indessen beschlossen, die Gedenkplatte erneuern zu lassen. Ein Angebot wurde bereits beim Steinmetzbetrieb Ziemons in Raeren eingeholt und der Auftrag dazu erteilt. „Wir haben eine Spendenaktion gestartet, die bisher schon etwa Zweidrittel des notwendigen Betrags ergeben hat. Wir brauchen also noch etwas“, heißt es dazu.Für die Übergangszeit hat der Verein eine Holztafel auf dem Vennwacken angebracht, auf der Einzelheiten der „Schandtat“ geschildert werden. Auf der Tafel findet man auch einen QR-Code, mit dessen Hilfe man eine Spende an den HeuGeVe per PayPal senden kann.

Dann überrascht Rolf Wilden mit einer „schönen Geschichte“, die in englischem Text vorliegt und bereits übersetzt worden ist. In dieser Story schreibt Georg Vogel, ein Verwandter des US-Gefallenen Richard Spencer Burrows, an Gerhard Kristan vom HeuGeVe, wie durch das Gefallenen-Denkmal des Roetgener Vereins die zerstrittene Familie in den USA wieder zusammengefunden hat. Und man möchte helfen, damit das Denkmal wieder erneuert werden kann. 

Im September 2009 wird in Roetgen am Pferdeweiher, unmittelbar an der deutsch-belgischen Grenze, eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Geschehnisse errichtet: „Gegen das Vergessen“ - Am 12. September 1944 wurde Roetgen als erste deutsche Gemeinde durch den Einmarsch amerikanischer Soldaten von der menschenverachtenden nationalsozialistischen Gewaltherrschaft befreit“, ist darauf zu lesen.

Auf einer Holztafel werden Einzelheiten der Schandtat geschildert und es ist ein QR-Code angebracht, womit man eine Spende an den HeuGeVe per PayPal leisten kann.

Foto: Günther Sander

Am 12. und 13. September 1944, zum Ende des Krieges, verloren zwei Soldaten am Westwall in Roetgen im Vichtbachtal noch ihr junges Leben: First Lieutenant Richard Spencer Burrows (USA) und Oberfeldwebel Heinrich Brunk (Deutschland). Ihnen zu Ehren wurde auf dem Areal des HeuGeVe ein Gefallenen-Denkmal errichtet. Jetzt wurde es zerstört. (der)

Die Amis erobern den Westwall in Roetgen. Sie befürchten eine Rückkehr der Deutschen.

Foto: HeuGeVeRoetgen/Gerhard Kristan

Zerstrittene Familie wieder vereint

„Gerhard, hat der Historische Verein eine PayPal Adresse, die wir von hier aus in den USA nutzen können, um Beiträge zu leisten, um die Reparatur, den Ersatz des Denkmals, zu finanzieren? Einige von uns wollen helfen, wissen aber nicht, wie sie das anstellen sollen. Ich habe in der Vergangenheit versucht, alle zusammenzubringen, um einen Familienfonds zu gründen. Aber ich war einfach so besorgt, jemanden zu beleidigen oder in Verlegenheit zu bringen. Eine der großen Segnungen der Bemühungen der Gesellschaft war es, die Burrows- und Vogel-Seite der Familie wieder zu vereinen. Eine kleine Metapher für das, was Sie als Organisation für den Rest Ihrer Gemeinschaft tun. Ich habe Ihnen vielleicht nicht von diesen Ereignissen erzählt, aber nachdem dann Spencer gestorben war, gab es eine heftige Meinungsverschiedenheit darüber, wohin seine sterblichen Überreste gehen sollten.  

Seine Frau Melva wollte, dass er mit seinen Kameraden in Belgien blieb. Seine Mutter (meine Großmutter) wollte, dass seine Überreste in die Vereinigten Staaten zurückgebracht werden. Und sie bat sogar das Militär, dies zu tun. Das verärgerte Melva sehr und sie wollte nicht mehr mit der Schwiegermutter sprechen. Und wegen dieses Streits (der viele Jahre schwelte) kannten wir Spencers Nachkommen kaum. Das heißt, bis zu der Zeit, als der HeuGeVe dieses neue Kapitel in der Erinnerung an Spencers Leben eröffnete. Als wir mit Spencers Familie nach Roetgen kamen, war man sehr glücklich, Zeit mit Ihnen verbringen zu können. Zusammen mit den anderen erstaunlichen Ereignissen, die dort stattfanden.

In Roetgen erinnert diese Gedenktafel seit 2009 an die Befreiung durch die Amerikaner 1944.

Seitdem hatten wir ein großes Treffen mit beiden Seiten der Familie hier in Ogden. Sie können sich vorstellen, dass es mir nach all den Streitigkeiten zwischen den Familien schwer fiel, sie um Hilfe zu bitten. Nachdem Sie den Nachrichten-Bericht über den Schaden gesendet hatten, wurde mir klar, dass der beste (und einfachste) Weg dies zu tun, darin besteht, einfach zu sehen, ob Sie ein PayPal oder eine andere Art von Online-Bankkonto haben, jedem die Informationen zu geben, und es einfach jeden selbst tun zu lassen. Ist das möglich? Ich weiß, dass Sie es nicht beantragen, und vielleicht ist es jetzt, wo das Denkmal der Stadt gehört, nicht einmal nötig. Aber es liegt an Ihnen, um zu entscheiden. Danke.“ Georg Vogel

HINTERGRUND
Die Geschichte hinter der Geschichte

Vor 79 Jahren, am 12. September 1944, nehmen die Amerikaner die erste deutsche Gemeinde ein: Roetgen bei Aachen. Einen Tag darauf erreichen die Alliierten Maastricht und beschießen Trier. Von weitem, aus Richtung Belgien, hört man Kanonendonner. Gegen Vormittag erreicht die „Task Force“ von Oberstleutnant William LoveladyRoetgen. Nur wenige Stunden zuvor sind es deutsche Pioniere, die am Roetgener Bahnhof die Gleisanlage der Vennbahn in die Luft sprengen. Gegen 15.30 Uhr rollen erste US-Panzer über die Bundesstraße nach Roetgen. Die letzten deutschen Soldaten, eine Flak-Einheit, hat sich zurückgezogen. Die Amerikaner verspüren in Roetgen keinerlei Gegenwehr. Einen Tag später wurden die von Nazi-Deutschland errichtete Höckerlinie und der Westwall erfolgreich durchbrochen.


Foto: Günther Sander