100 Jahre Geschichtsverein des Monschauer Landes e.V.

In diesem Jahr 2023 feiert der Geschichtsverein des Monschauer Landes e.V. sein 100-jähriges Bestehen. Das ist ein stolzes Alter, auch wenn es Geschichtsvereine in der Region gibt, die noch früher gegründet wurden.

Zunächst einmal scheint es recht ungewöhnlich, dass ein solcher Verein kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs entstanden ist, damals noch unter dem Namen „Geschichtsverein des Kreises Montjoie“. Das Jahr 1923 war im damaligen Deutschen Reich ein sehr schwieriges Jahr. Das Ruhrgebiet war von französischen Truppen besetzt und es mussten hohe Reparationszahlungen an die Siegermächte geleistet werden. Die Wirtschaft lag am Boden und die Hyperinflation grassierte. Die Reichsmark verlor von Tag zu Tag an Wert, sodass im Dezember 1923 

beispielsweise 1 Pfund Zucker schon 550 Milliarden Mark kostete. Das traf naturgemäß gerade Geringverdiener. Nach dem Empfang der Lohntüte wusste man nicht, was man sich am nächsten Tag überhaupt davon kaufen konnte. Der Tauschhandel blühte. 

In unserer Grenzregion wurde die Situation noch dadurch verschärft, dass durch den Versailler Vertrag manche grenznahen Gemeinden Land an Belgien verloren, z. B. Wald- und Moorflächen im Bereich des Hohen Venns. Durch die neue Grenzziehung war es für manche Landwirte unmöglich geworden, weiterhin ihr Vieh ins Venn zu treiben, dort Torf zu stechen oder Einstreu für den Winter zu schneiden. So schrieb beispielsweise das Montjoe´r Volksblatt am 10. Januar 1923: „Bittere Not herrscht in deutschen Landen! Friedensvertrag, Geldentwertung, ungeheure Teuerung, Sinken des Realeinkommens haben weite Schichten unserer Bevölkerung auch hier im Kreise Monschau in einen fast hoffnungslosen Kampf ums Dasein gestürzt“.

Daher wundert es nicht, dass auch die politische Situation sich in der Krise befand. Nicht nur im Kreis Monschau kam es immer wieder zu Verhaftungen und Ausweisungen von Personen in Leitungsfunktionen, zwischenzeitlich wurden Straßen gesperrt oder der öffentliche Nahverkehr eingestellt. Separatistenbewegungen waren in der Region aktiv und zahlreiche Demonstrationen fanden statt.

War das ein guter Zeitpunkt für die Gründung eines Geschichtsvereins? Sagen wir es einmal so: Auf den ersten Blick war er es wahrscheinlich nicht, auf den zweiten Blick aber stellte die Gründung ein Zeichen des Widerstandesgegen die Bestimmungen des Versailler Vertrags dar, eine Rückbesinnung auf die eigenen Wurzeln, auf ein nationales und regionales Selbstbewusstsein und setzte damit ein Zeichen für eine neue Heimatverbundenheit. Träger dieses neuen Geschichtsbewusstseins waren „vaterländisch“ gesinnte Bildungsbürger. Nachdem sich in Monschau ein Arbeitsausschuss gegründet hatte, wurden am 20. Januar 1923 Handzettel mit folgendem Inhalt verteilt: „Einwohner des Kreises Monschau bezeugt eure Liebe zur Heimat durch Beitritt zu dem Geschichtsverein des Kreises Monschau.

 Die Gründungsversammlung findet statt im Kreistagssaale zu Monschau am Donnerstag, den 25. Januar 1923, nachmittags 4.30 Uhr.“ Mehr als 50 Interessierte folgten diesem Aufruf, wobei als 1. Vorsitzender der damalige Landrat Dr. Hans von Chamier-Glisczinski und als sein Stellvertreter Gymnasialdirektor Dr. Matthias Brixius gewähltwurde.Noch konnten aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation keine eigenen Publikationen herausgegeben werden. Erst im Oktober 1925 erschien die erste Nummer der „Heimatblätter des Kreises Montjoie (Monschau)“ als Beilage zur Zeitung „Stadt- und Landbote“. Einige Jahre später etablierte sich eine eigene Zeitschrift des Vereins: „Der Eremit am Hohen Venn. Mitteilungen des Geschichtsvereins des Kreises Monschau (Montjoie)“.

1928 wurde Matthias Brixius zum 1. Vorsitzenden gewählt und ahnte wohl nicht, welche schwierigen Zeiten in wenigen Jahren ihm persönlich und auch dem Verein bevorstanden. Den nach 1933 zunehmenden Bestrebungen, (nicht nur) Geschichtsvereine „gleichzuschalten“, also auf Linie der NSDAP zu bringen, stand der Vorsitzende sehr reserviert gegenüber. Soweit bisher bekannt, ist Brixius nie in die Partei eingetreten und ist 1937 vorzeitig aus dem Schuldienst ausgeschieden. Die Veröffentlichungen des Vereins aus der Vorkriegszeit sind neutral abgefasst, auch wenn das eine oder andere Vorstandsmitglied sicherlich mit den Machthabern und deren Ideologie sympathisiert hat.

Aufgrund der Kriegsereignisse kam die Arbeit des Geschichtsvereins zunächst weitgehend ins Stocken. Nach dem Krieg musste sich der Verein neu zusammenfinden, wobei treibende Kraft Walter Scheibler war, der schon 1943 den Vorsitz übernommen hatte und auch Mitglied der NSDAP gewesen ist. Seit den 1950er Jahren sind eine Vielzahl an Publikationen zur Geschichte des Monschauer Landes vom Verein herausgegeben worden. Außerdem konnte eine eigene Bibliothek mit Archiv sowie eine großer Foto- und Totenzettelsammlung aufgebaut werden.

Diese befinden sich heute zusammen mit dem Stadtarchiv im Haus der Stadtgeschichte im Zentrum der Monschauer Altstadt, Holzmarkt 5. Gäste können dort nach Voranmeldung recherchieren und forschen. Außerdem gibt der Geschichtsverein des Monschauer Landes jedes Jahr das „Monschauer Land Jahrbuch“ mit Beiträgen zur Geschichte, Volkskunde, Mundart, Archäologie oder Natur des Monschauer Landes heraus, das jeweils im November für das kommende Jahr erscheint. In unregelmäßigen Abständen werden auch im Rahmen einer eigenen Schriftenreihe Bücher publiziert. Daneben bietet der Verein seinen Mitgliedern und interessierten Gästen Vorträge und Exkursionen zu historischen Themen der Region, er beteiligt sich am Tag des offenen Denkmals und veranstaltet zusammen mit der Stadtbücherei Monschau Tauschtage.


Doch wie sieht die Zukunft ehrenamtlicher Geschichtsvereine aus? Hat ihre Arbeit auch in den kommenden Jahrzehnten eine gesellschaftliche Relevanz und zieht interessierte Menschen an? Diesen Fragen stellt sich der Geschichtsverein des Monschauer Landes e.V. und veranstaltet zum 100jährigen Jubiläum am 27. Oktober 2023 in Simmerath-Eicherscheid ein Symposium mit dem Thema: Die Zukunft von ehrenamtlichen Geschichtsvereinen in einer sich wandelnden Gesellschaft. Das Programm sowie weitere Informationen zum Verein sind auf der Homepage unter https://www.gv-mon.de/ zu finden. Interessierte Gäste sind zum Festakt am 27. Oktober in der „Tenne“ in Eicherscheid herzlich eingeladen. Wir bitten vorab um Anmeldung bis zum 20. Oktober unter: 100@gv-mon.de.