Waldi’s Verzällche

Beim Einladen eines antiken und schweren Schranks in ein Transportfahrzeug, wirken meist nicht nur derjenige der ihn transportieren will, sondern auch ein- oder zwei Helfer mit. Meine Planung war es, bei Dunkelheit einen Schrank einzuladen, und ihn nach der Nachtfahrt dann morgens zu Österreichs größter Antikmesse „Euro- Antik“ zu präsentieren. Den Mut für diesen nächtlichen Alleingang hatte ich, einen Helfer natürlich nicht. „Mut wird belohnt“ sagt man ja auch. In der praktischen Ausführung rächte sich das bitter. 

Damit es bei einem solchen Vorhaben nicht zu Verletzungen kommt, ist eben eine ausgeklügelte Organisation einschließlich eines stressfreien und ausreichenden Zeitrahmens nötig. Beides fand ich für überflüssig. Auch ausreichende Beleuchtung bei der Ladeaktion hielt ich nicht für bedeutsam. Unter diesen prekären Umständen können unvermeidbare Stolperfallen natürlich nicht erkannt werden, auch nicht der sechs Zentimeter tiefe Spalt am Gitter in meinem Hof. Ich und der Schrank waren gerade im Kippmodus – der Schrank mehr, ich weniger – da gingen auf unerklärliche Weise die Schranktüren auf.

Kennen sie einen begehbaren Schrank? Ich jetzt auch. Aber hier war es nun ein belegbarer Schrank, denn ich lag mit meinem Astralkörper mitten drin. Ein Bild für die Götter. Ich hatte das Gefühl als liege ich schon in der „Kiste“. Während sich der Schreck langsam legte, hörte ich aus der offenen Lade-Tür im Autoradio ein Mundharmonikalied. 

Es klang ein bisschen wie „Spiel mir das Lied vom Tod“. Ich bekam auch schon feuchte Augen, nicht durch die Musik, sondern vom Schmerz. Ein Teil meines Beines war aufgerissen. Ich hätte ärztliche Behandlung gebraucht, habe dann wegen meiner Spritzenphobie und der fehlenden Zeit darauf verzichtet. Wie ich den Schrank dann doch noch mit viel Mühe heil in den Sprinter geladen habe, möchte sich der Leser selbst ausmalen. Meinen Gesichtsausdruck auch. Meine Stimmung war auf dem Nullpunkt. Vor der Abfahrt nach Innsbruck habe ich die stark blutende offene Wunde mit Toilettenpapier ausgetrocknet, und auf der äußerst schmerzhaften Fahrt noch mehrfach nach dieser Methode. Ich habe ja einen großen Wortschatz von kölschen Schimpfwörtern, die habe ich mir bei dieser Alleinfahrt selbst an den Kopf geworfen. Ich glaube alle die ich kannte. 

Sonja, - meine Lebensgefährtin- war schon mit Mimi meiner Schwiegermutter im Hotel angekommen. Das Doppelzimmer hatte auch eine Couch. Also musste Mimi das Bett räumen. Freud und Leid liegen ja nicht weit auseinander, und nach ausgiebigem Trost hatte ich auch meinen Humor wieder zurück. Nach Tagen der Selbstheilung, das Fazit: „Et es allt widder jood jejange“.


Bes nächste Mond – Euer Waldi


Autor: Peter Meurer