Mensch & Tier: Trennungsstress - nein! 

Dein Hund ist kein "Kontrollfreak"

Es ist wohl eines der unbeliebtesten Themen im Hundetraining, wenn es um „Verhaltensauffälligkeiten“ geht: Der Trennungsstress. Hundehalter/innen fällt irgendwann auf, dass der alleingelassene Hund nicht friedlich schläft, sondern etwas Ungewünschtes zerfetzt oder Urin absetzt, oder sie werden von Nachbarn auf den „jaulenden Hund“ angesprochen. Alles sehr unangenehme Momente!

Bedauerlicherweise gibt es weiterhin verschiedene „Mythen“, was dieses Verhalten angeht. Aussagen wie „Dein Hund möchte Dich kontrollieren“ oder „Dein Hund ist dominant“ bis hin zu „Der Hund ist beleidigt, dass Du ihn zurückgelassen hast“ machen die gesamten Umstände nicht besser.

So zum Beispiel ist die Sinnhaftigkeit des klassischen Tipps „Wenn Dein Hund jault, geh erst zurück, wenn er ruhig ist“, mittlerweile genauso widerlegt wie die zuvor aufgeführten Zitate über „Dominanz“. Es geht hierbei um eine Beziehung zwischen zwei Lebewesen und ist keine Eigenschaft. Ein „ausjaulen“ lassen des Hundes erhöht im Endeffekt nur den Frust – und eine Toleranz gegen Frust kann der Hund nicht mit noch mehr Frust aufbauen! Die Krux an der gesamten Sache ist: Trennungsstress kann im gesamten Leben auftreten! Wir können unseren Hundewelpen noch so gut und mit ausgeklügeltem Trainingsplan auf das Alleine sein vorbereiten – dennoch kann sich im Laufe des hoffentlich langen Hundelebens Trennungsstress entwickeln.

Schauen wir uns zunächst mal die rein biologischen Fakten an: Trennungsstress ist eine sogenannte Basisemotion des Tieres. Alle Säugetierbabys empfinden dies und äußern dies zunächst in Lautäußerungen. Wenn dies nichts bringt, werden weitere „Maßnahmen“ getestet. Dieses Verhalten wird nicht bewusst gesteuert, sondern wird von komplexen inneren Vorgängen mit verschiedenen Hormonbeteiligungen ausgelöst, welche entweder „zu viel“ Energie geben oder ein „komplettes Zurückziehen“ bewirken. Diese Stressreaktionen beeinflussen dementsprechend das Verhalten und schalten oftmals jegliche rationalen Überlegungsmöglichkeiten ab. Daher  

ist es auch in manchen Fällen unablässig, zum Einstieg ins Training mit einem/einer verhaltenstherapeutischen Tierarzt/Tierärztin zusammenzuarbeiten und entsprechende Medikamente zu nutzen. Das bedeutet nicht, dass der Vierbeiner diese automatisch ein Leben lang benötigt und man sich das Training sparen kann. Bei einigen Medikamenten ist zudem ein Blick auf die möglichen Nebenwirkungen wichtig.

Neben den notwendigen Managementmaßnahmen, wie zum Beispiel eine detaillierte Grundlage der auftretenden Verhaltensweisen zu dokumentieren, bis hin zu Betreuungsmöglichkeiten, ist ein detailliertes und vernünftiges Training unablässig. Wichtig ist auch, zwischen wirklichem Trennungsstress und sogenanntem Isolationsstress zu unterscheiden. Emotional gesehen ist beides gleich belastend, jedoch ist Trennungsstress mit einem spezifischen Lebewesen verbunden. 

Isolationsstress tritt hingegen auf, wenn gar kein anderes Lebewesen in der Nähe erreichbar ist. Frustration und Stress bedingen sich somit gegenseitig. Zudem ist durch die Aktivierung des körperlichen Stresssystems oftmals die Tür geöffnet, um weiterführende Ängste zu entwickeln. In gravierenden Verläufen kann sich des Weiteren auch ein „Aggressionspotenzial“ herausbilden.

Leider gibt es hierzu keinen „Trainingsplan für alle Fälle“, da es Hundehalter/innen mit Individuen zu tun haben und Verhalten ein sehr komplexes System darstellen. Was jedoch oftmals noch dazugehört: (gravierende) Veränderung der Lebensumstände und Schmerzen (oft nicht sofort erkennbar). Diese Umstände sollten zunächst hinterfragt beziehungsweise abgeklärt werden.

Besonders wichtig ist die bedürfnisorientierte Belohnung des Hundes – Hundehalter/innen müssen auf das Wohlbefinden achten, sprich „Was braucht mein Hund gerade?“ Dies hat nichts damit zu tun, dem Hund einfach nur Leckerchen oder Futter als sogenannte Belohnung zu geben. Ob das, was dem Hund angeboten wird, wirklich eine Belohnung darstellt, entscheidet am Ende der Hund selbst. Ist es eine wirkliche Belohnung, dann ist es ein Verstärker für das erwünschte Verhalten und sollte im Training eingesetzt werden.

Auch die Verlässlichkeit gegenüber dem Hund ist maßgebend wichtig. Hier gibt es individuelle Unterschiede, wie viele Rituale und/oder Ankündigungen für den Hund sinnvoll und notwendig sind. Dabei ist darauf zu achten, dass hier keine ungewollten Verhaltensketten entstehen, also die ersten Schritte eines „Verabschiedungsrituals“ schon zu einer ersten Stressreaktion führen. Auf ein komplettes „Verabschiedungsritual“ zu verzichten ist jedoch für viele Hunde verstörend – ebenso ist es mit einem „Willkommensgruß“. 

Hier muss also individuell geschaut werden. Eine weitere Idee ist die Errichtung einer „abgesicherten Zone“ für den Zeitraum, in dem der Hund alleine bleiben muss. Der Hund benötigt nicht das gesamte Haus für sich, jedoch eine „Wohlfühlzone“ mit seinen Ressourcen zur freien Verfügung und einem bevorzugten Liegeplatz. Oftmals hilft es, wenn manche „Kleinigkeiten“ umgestaltet werden und mit einem engmaschigen Training begonnen wird. Dabei kann ein/e Hundetrainer/in soweit helfen, bis Betroffene das Training zügig eigenständig durchführen können.



„Wir Menschen sollten nicht vergessen, wie wichtig wir für unsere Hunde sind – schließlich managen wir (fast) alles für sie. Ich bestimme, wann wir Gassi gehen, wann es Futter und frisches Wasser innerhalb des Zuhauses gibt… Wundert es einen da wirklich, dass der Hund sich an uns bindet? Eine unsichere Bindung öffnet ebenfalls die Tür für verschiedene Ängste, somit auch Trennungsangst. Wir benötigen für unsere Vierbeiner eine gesunde Ausgewogenheit zwischen Selbstwirksamkeit und Zuverlässigkeit – und das gilt eigentlich auch anders herum“, erklärt die Eifeler Hundetrainerin Sabrina Brackmann von Beo's Helden.

Weitere Infos unter: www.beros-helden.de