Die wilde Katze

Schleichende Rückkehr auf sanften Pfoten

Der kleine Eifeltiger hat überlebt. Erfreulich ist die bereits seit dem letzten Jahrzehnt beobachtete Bestandszunahme der Wildkatzen in unserer Region. Die Europäische Wildkatze ist scheu und geheimnisvoll wie kaum ein anderes Tier. Das wilde Raubtier ist wie ein Phantom. Man braucht viel Glück um eine Wildkatze mal zu sehen. Fast unsichtbar schleicht sie durch die Wälder der Eifel, heute wie vor Jahrtausenden.

„Noch zu Beginn des letzten Jahrhunderts wurde die Wildkatze als Schädling des Niederwildes intensiv bejagt. Zudem verschwanden versteckreiche Lebensräume durch Rodung und Umwandlung von Wäldern, und durch den Verlust von Hecken und Feldgehölzen in der Kulturlandschaft. Straßen, Städte und Siedlungen sind heute der Grund dafür, dass die verbliebenden Lebensräume der Wildkatze stark voneinander isoliert sind.

Im Nationalpark Eifel und der Umgebung finden die scheuen Jäger aber noch genügend Lebensraum. Hier ist das Zentrum einer der größten Wildkatzenpopulationen Europas, die länderübergreifend von Deutschland über die Benelux- Länder bis nach Frankreich reicht“, weiß Manfred Trinzen, Wildforscher und Wissenschaftler. Die Eifeler Wildkatze ist in ihrem äußeren Erscheinungsbild kraftvoller als die Hauskatze, und hat in Relation zu ihrem Körper auch längere Beine als diese.

Weitere Merkmale sind ein buschiger, geringelter aber relativ kurzer Schwanz. Der Schädel ähnelt dem der Hauskatze, bietet aber Platz für ein größeres Gehirn. Sie hat einen fleischfarbenen Nasenspiegel, und eine grüne bis gelbgrüne Augenfarbe. Die Grundfärbung ihres Fells variiert von gelblich- braun über rötlich-grau bis silbergrau. Jungkatzen und Wildkatzen im Sommerfell können aber leicht mit Hauskatzen verwechselt werden. Ein dunkler Rückenstreifen, meist bis zur Schwanzwurzel durchgehend, ist ein weiteres Kennzeichen.

Sie kann sehr gut hören und so Beutetiere auch in dichter Vegetation oder in der Dunkelheit wahrnehmen. Durch die unabhängig voneinander in fast alle Richtungen beweglichen Ohren, kann das Beutetier schnell lokalisiert werden. Über 90% ihrer Nahrung bilden kleine Säuger, besonders Mäuse jeglicher Art. Die in unserer Region vorhandenen günstigen Nahrungsbedingungen sind auch auf die positive Entwicklung in der Forstwirtschaft zurückzuführen.

Im Alter von neun bis zwölf Monaten sind sie geschlechtsreif. In der Regel bringt ein Weibchen meist zwei bis vier Junge zur Welt. Nach der frühen Jagdunterweisung lernen sie im dritten und sechsten Lebensmonat von der Mutter sowohl die Jagdtechnik als auch die Beutetiere kennen. Danach sind sie selbstständig und verlassen das Revier der Mutter. „Wildkatzen in der Eifel leben vor allem in unseren strukturreichen Laub- und Mischwäldern mit Lichtungen und Waldwiesen. 

Von dort wandern die überwiegend nachtaktiven Tiere entlang versteckreicher Hecken, Wegrändern und Ufern von Fließgewässern bis in die offene Kulturlandschaft. Hier werden auch Brachen und Grünlandflächen als ergiebige Jagdhabitate aufgesucht.

Ausschlaggebend für die Nutzung offener Lebensräume ist ein ausreichendes Angebot deckungsbietender Strukturen“, sagt der Experte Manfred Trinzen. Auch artenreiche Halboffenlandschaften, die in unserer Kulturlandschaft leider immer weniger existieren, bieten Lebensräume für Wildkatzen. Den Tag verschlafen Wildkatzen gerne in bodennahen Baumhöhlen oder in hohlen Baumstämmen, Reisighaufen, Wurzelhöhlungen und Holzpoltern, die am Wegrand lagern. Auch Totholz bietet Schlafplätze, und manchmal auch Felsspalten und Erdbauten von Dachs und Fuchs.

Zur Tagesruhe werden auch oberirdische Schlafplätze in verästelten Baumkronen oder alten Hochsitzen aufgesucht, wenn diese leicht zu erklettern sind. Unsere Wildkatzen sind Nachkommen einer einstmals flächendeckenden Population. Die Verbreitung in NRW beschränkt sich nicht nur auf die Eifel, auch rechtsrheinisch kommt sie seit etwa 10 Jahren in Siebengebirge, Rothaargebirge und Arnsberger Wald vor. In NRW und RLP leben 2/3 aller Wildkatzen in Deutschland. Sie sind aber immer noch auf einen geringen Teil ihres ursprünglichen Verbreitungsgebietes zurückgedrängt.

Trotz diesem anhaltend kritischem Zustand gehören sie in den vergangenen Jahren zu den Gewinnern unter den heimischen Wildtieren. Der Erhalt der zentralen, vitalen Population ist der richtige Weg, wenn bedrohte Arten bei uns eine Zukunft haben sollen. Nur durch umfangreiche Kenntnisse über ihre Ökologie, ihre Anforderungen an unterschiedliche Lebensräume und ihre Gefährdung können Schutzmaßnahmen für die Wildkatze entwickelt werden und wirken. Forschung als wichtige Grundlage bildet hierbei einen Schwerpunkt. Dazu erschafft die Deutsche Wildtier Stiftung Projekte und Studien im Austausch mit vielen Wildkatzenforschern und -schützern.

Auch Naturschutzverbänden, Forst undanderer an der Natur interessierten Personen mit Orts- und Sachkenntnissen ist es zu verdanken, dass Artenschutzprojekte wie das Projekt „Wildkatze in der Eifel“der Biologischen Station Euskirchen“ überhaupt durchgeführt werden konnten. Die heute hohe Akzeptanz der Wildkatze ist aber nicht zuletzt auch das Ergebnis einer Bewusstseinsveränderung der Menschen, mit denen sie den Lebensraum teilt.




Autor: Peter Meurer

Fotos: Heinrich Pützler