Liebe Leserinnen und Leser von „Eifel pur“,

lesen Sie noch Märchen? „In alten Zeiten, in denen das Wünschen noch geholfen hatte…“, so beginnt das Märchen „Der Froschkönig“ von den Brüdern Grimm. Verwunschene Märchenwelten … Haben wir solche Lesezeit nicht längst hinter uns gelassen? Habe ich mir das Wünschen abgewöhnt? Weil ich wunschlos glücklich oder desillusioniert geworden bin? Hilft das Wünschen heute noch? Trage ich Wünsche in mir, die über das Hier und Jetzt hinausblicken? Manche wehren vor Weihnachten ab: Hör mir mit diesem Fest und Geschenken auf! Ich bin wunschlos glücklich. Ich habe alles, bin (es) satt! Das, was ich mir zutiefst wünsche, kann ohnehin kein Mensch erfüllen. Wünsche gehen nur im Traumland von selbst in Erfüllung. Ja, manche meiner Lebenswünsche sind nicht in Erfüllung gegangen.

Wünsch dir was! Gott, dem ich in den Gottesdiensten bittend nahetrete, ist kein ‚Wunscherfüllungsautomat‘. Weihnachten, so märchenhaft wir uns die Krippenwelt auch ausmalen, ist mehr als ein schönes Wintermärchen aus ‚Tausendundeine Nacht‘. So sehr uns dieses Fest in verwunschene Kinderzeiten zurückversetzt - an diesem Feiertag beamen wir Erwachsene uns nicht zurück in die Zeit der Kinderträume und der Märchenwelten.

Viele Menschen haben der katholischen Kirche das Vertrauen entzogen; zu viel Dunkles und Zweideutiges geschah in ihr. Was geschieht mit dem Geschenk, das wir kirchliche Amtsträger wie einen kostbaren Schatz transportieren: das Evangelium der liebenden Nähe und Herabneigung Gottes in Bethlehem? Nehmen uns die Menschen diese Botschaft als die Wahrheit unseres Lebens noch ab? 

Ja, ich sorge mich darum, dass das Christentum in unseren Breiten zu einem „Märchen aus uralten Zeiten“ wird, und die Frohe Botschaft irgendwann wie ein Kinderbuch im Regal verstauben lässt. Dann wäre ich als Priester ein Märchenerzähler und würde nur vertrösten. Und doch: Alle Jahre wieder ermutigt uns Weihnachten trotz allem, dass wir die Lust am Wünschen nicht verlieren. Wir dürfen unendlich viel von Gott erwarten. Ich darf mir von Gott etwas wünschen. Ich möchte nicht, dass es immer so weiter geht in meinem Leben, mit den Zuständen in dieser von Hass und Gewalt infizierten Welt und in unseren schuldbefleckten Kirchen. 

Wir wünschen uns, dass sich Macht mit Gerechtigkeit und Vernunft verbindet. Wünschend, bittend liegen wir dem im Ohr, der uns die Sehnsucht nach einer besseren Welt eingepflanzt hat. Wir wünschen ein friedlicheres Herz und ein friedliches Europa, ein heiles heiliges Land, eine transparente und glaubwürdigere Kirche, eine lebenswerte und liebenswerte Schöpfung, auch für die nach uns kommenden Generationen. Wünsche äußern Menschen, die noch nicht alles haben und denen etwas fehlt. 

Ich wünsche Ihnen und mir, dass uns die Freude am Träumen und die Lust am Sich-Gutes-Wünschen nicht verloren gehen; auch nicht der Wunsch nach einem Gott, den wir so dringend „brauchen“, von dem das Weihnachtsevangelium erzählt: Weihnachten feiern wir ein zerbrechliches Geheimnis, Gottes nackte Wahrheit in der Krippe. Gott, so nahe hätten wir dich uns in unseren kühnsten Träumen und Wünschen nicht vorgestellt! Ja, da kommt einer auf dich und mich zu, der uns mit einer Gabe überrascht, die so schön ist, dass wir sie uns kaum zu wünschen wagen. Dann werden wir wunschlos glücklich sein …

Ein friedliches Weihnachten und viel Licht auf den Wegen des Neuen Jahres wünscht

Kurt Josef Wecker, Pfr. (Nideggen/ Heimbach)