Wie vollkommen Unvollkommenheit ist

Meine Kinder haben den Wald für sich entdeckt. Wir wohnen zwar am Waldesrand und durchqueren ihn so gut wie jeden Tag, doch aus irgendeiner morgendlichen Eingebung haben meine Kinder diesen Wald erst vor kurzem „entdeckt“. So viele Bäume! Seit dieser Entdeckung sind sie nicht mehr aus dem schattigen Grün wegzudenken. Natürlich brauchten sie auch ein Quartier, ein Waldversteck. Wir entschieden uns für ein super cooles Tippi. Gesagt, getan, noch heute wird es erweitert, befestigt und umstrukturiert. Doch der Chef des Waldforscher-Teams war noch nicht zufrieden. Ein Schild musste her, das klar und deutlich signalisiert, dass es sich um DAS Tippi handelt, das Waldforscher-, Superhelden-, Spion-, Gangster- Tippi... Was halt gerade aktuell ist. Okay, ein Schild. 

 Zu viert gingen wir in die Garage und fanden ein geeignetes Stück Holz. Die Sitzfläche eines alten Holzstuhles der die Ninja-Phase meiner Kinder leider nicht überlebt hatte. Aber ganz im Sinne von “Nicht verschwenden wiederverwenden” ist er nicht umsonst zerbrochen. Also nahmen wir die Sitzfläche und andere Holzstücke um sie zu bemalen. Mein Kleinster nahm sich grobmotorisch den Pinsel und tauchte ihn tief in jegliche Farben die er finden konnte. Auweia dachte ich, die Farben wild gemischt und viel zu dick aufgetragen, das kann doch nichts werden. Aber ich widerstand dem Drang ihn zu verbessern, am nächsten Tag nahm ich mir genau dieses Brett und staunte nicht schlecht. Es war wunderschön. So schön hätten wir verkopften Erwachsene es niemals hinbekommen und selbst Künstler hätten für diese Farbkombinationen viele Semester studieren müssen. 

Aber Kinder sehen die Welt noch so viel schöner, einfacher, detailgetreuer. Sie sehen noch die Wunder und den Zauber die sich überall verstecken. Oder in der Sprache der Erwachsenen ausgedrückt: sie sehen die Welt nicht so wie sie ist, sondern so wie sie sein könnte, und das macht es so einzigartig. Das Schild und die “Wald-Zentrale” wurden perfekt. Genau an dieser Stelle muss ich zugeben, dass ich erst durch meine Kinder gelernt habe wie perfekt Unperfektion ist. Wie vermeintliche Fehler, Dinge, Situationen, Menschen einzigartig und vollkommen werden lassen. Das nichts zu viel oder zu wenig ist, nur weil man es selber anders gemacht hätte, sondern, dass Fehler Perfektion ausstrahlen können. 

Genau deswegen möchte ich diese vollkommen unvollkommene “Black Tomato Summer Soup” vorstellen. Tomatensuppe? Richtig gelesen! Einfach? Vielleicht? Sie birgt aber so manch eine Überraschung wie zum Beispiel diese unschönen schwarzen Tomaten. Sie sehen vielleicht ungewöhnlich aus und entsprechen nicht dem Standard aber sie haben, gibt man ihnen eine Chance, einen überragenden süßlich, intensiv tomatigen Geschmack, der sich auf die Suppe überträgt. Sie schmeckt kalt fast noch besser als warm und als Getränk ist sie nicht zu toppen! Also wagen wir doch gemeinsam den Schritt aus unserer Wohlfühlzone, geben ein bisschen Kontrolle ab und erstaunen vor dem was wir dort finden werden. 

Zutaten für ca. 8 Personen;

1,5 kg schwarze Tomaten 
(frisches Gemüse z.B. von Gemüse Heidbüchel, Nideggen)
3 große rote Zwiebeln
3 Möhren
3 Selleriestangen
1/2 Bund Basilikum
Saft von 1/2 Orange
4 EL Olivenöl (z. B. von Zoe & Elea, Kall)
1 EL grobes Meersalz
2 EL Balsamico Essig

Dieses Rezept birgt wahre Wunder und ich verspreche, dass ich nicht zu viel verspreche. Zugegeben die Farbe könnte ein bisschen schöner sein aber der Geschmack …. hui, mein absolutes Lieblingsrezept! Gerade für sommerliche Feiern oder einfach als leckeres Mittagessen. Das Schönste ist: der Arbeitsaufwand ist fast Null. Die Vorbereitungszeit beträgt nämlich nicht länger als 15 Minuten, die Kochzeit 45 Minuten, zum Schluss den Pürier Stab rein. Fertig ist das Wohlfühlerlebnis.

Also das Einzige was wir jetzt noch brauchen ist, einen großen Topf auf den Herd zu stellen und in kreisend eleganten Bewegungen das Öl hineinfließen zu lassen. Die Zwiebeln schälen, vierteln und mit einem Lächeln hinein ins Öl werfen (hups vor lauter Eleganz den Herd vergessen einzuschalten. Egal hat keiner gesehen). Mit gekonnten Messerbewegungen den Staudensellerie und die Möhren in grobe Stücke schneiden und hinein zu den wohlduftenden Zwiebeln gleiten lassen. Kleinere Tomaten bleiben so wie sie sind, größere werden halbiert und gesellen sich in den Topf zu ihren Freunden. Veggie-Party!  Zum Schluss nehmen wir uns den Basilikum, rollen ihn zusammen, falten ihn einmal in der Mitte und schneiden unser Päckchen in feine Scheiben. 

Nun lassen wir die grünen Blätter auf die Tomaten rieseln, gefolgt von dem Salz. Alles mit einem rustikalen Löffel vermengen, mit 1,5 l kochendem Wasser auffüllen, Deckel auflegen und stark sprudelnd kochen lassen. In der Zwischenzeit können wir den Sommer in vollen Zügen genießen. 


Aber nicht zu lange denn nach 45 Minuten schalten wir den Herd aus und pürieren die leckere Tomatensuppe zu einer einheitlich seidigen Konsistenz. Noch einmal abschmecken ob Salz fehlt. Nun fügen wir noch den Balsamico-Essig und den Saft einer halben Orange hinzu. Es kommt halt auf die Nuancen an. Im Grunde ist die Suppe schon fertig. Mit geriebenem Cheddar-Käse und mit einer Knoblauchzehe eingeriebenes geröstetes Brot serviert, ist sie eine astreine Super-Food-Soul Suppe wie man sie sich nur wünschen kann. 

Die Farbe etwas dunkler als gewohnt durch die schwarzen Tomaten, aber der Geschmack unglaublich intensiv. Wie ich schon sagte vollkommen in der Unvollkommenheit. Aber so manch ein Makel entpuppt sich als Segen, so auch bei dieser Suppe. Wenn wir daraus ein Gazpacho (also ein kalte Suppe) machen möchten, stellen wir sie einfach kalt, am besten über Nacht. Am nächsten Tag noch einmal abschmecken und gegebenenfalls nachwürzen. Fertig ist die herrlich erfrischend, überraschende „Black Tomato Summer Soup“.  

Mit Crème Fraîche und fein gewürfeltem Gemüse servieren, mit ein bisschen Olivenöl als extra Highlight für das Auge sprenkeln. Herrlich. Es ist Sommer in der Suppenschüssel. Einfach perfekt.


Ach so und trinken nicht vergessen!

Wie wäre es mit einer bloody Mary? Ein Glas mit CrushedIce oder normalen Eisklümpchen füllen. 2-4 cl Wodka (je nach Geschmack), 2 cl Limettensaft sowie eine Kelle unserer „Black Tomato Summer Soup“ hinzufügen und vorsichtig rühren. Wer es lieber geschüttelt nicht gerührt mag und einen Cocktail Shaker zur Hand hat - fantastisch. Mit Tomatenscheiben oder Staudensellerieblättern dekorieren. Hängematte ich komme! 

Ich wünsch Euch ein souliges Nachkochen!

Eure Bea



Pssst: Wer keine schwarzen Tomaten bekommen kann, nimmt einfach Cocktailtomaten und kleine Rispentomaten zu gleichen Teilen. Nicht ganz so intensiv im Geschmack  aber trotzdem ein Hingucker.