Nach der Arbeit ist vor der Arbeit

Über die Mission und Herausforderungen eines Bio-Obsthofs

Nideggen-Berg/Region. Augenblicklich herrscht geschäftiges Treiben auf dem Bio-Obsthof von Familie Knein aus Nideggen-Berg. Für den Chef Aloysius Knein beginnt aktuell die 42. Apfel-Saison – und das bedeutet, wie in jedem Jahr, durchgehend Arbeit von früh bis spät. Ein unvergesslicher Blick auf ein nicht enden wollendes Blütenmeer, so weit das Auge reicht – in den Hängen zwischen Nideggen-Berg und Wollersheim – das ist das eine. Dass Besonderes an der Arbeit des Obstbauers aber ist, dass er seine Früchte rein biologisch anbaut. 

Auch für seine Frau Anne, die eine weitere Aktivität des Familienunternehmens betreibt, beginnt augenblicklich die Saison. Mit ihren 27 Alpakas und Lamas ihres eigenen Geschäftes bietet sie die immer beliebter werdenden Wanderungen mit den südamerikanischen Tieren an und organisiert mit ihnen unvergessliche Kindergeburtstage und Events.

Der Unterschied macht's 

Während herkömmliche Betriebe mit dem Einsatz von Kunstdünger und Unkrautvernichtungsmitteln wie Glyphosat oder Roundup arbeiten, für die nötige Blütenausdünnung Pflanzenhormone und zur Insekten- und Pilzbekämpfung chemisch-synthetische Spritzmittel einsetzen, verfolgt Aloysius Knein einen rein natürlichen Ansatz. Auf seinem Hof kommen nur natürliche oder rein handwerkliche Unkrautbekämpfungsmethoden zum Einsatz. 

Das Unkraut wird durch mechanisches Hacken im Zaun gehalten und die Blütenausdünnung durch den Einsatz eines Fadengerätes. Danach geht es für ihn und seine fünf Mitarbeiter mit purer Handarbeit weiter, denn dann heißt es, jedes Blütenbüschel bis auf ein bis zwei Apfelblüten auszudünnen. Die Insektenregulierung erfolgt auf dem Kneinhof durch natürliche Pflanzenöle, wie z. B. Niemöl. „Bei der Pilzbekämpfung kommt es vor allem auf die Auswahl schorfpilzresistenter Sorten an“, so Aloysius Knein.

Nach der Arbeit ist vor der Arbeit

Seinen Betrieb, den er 1982 gründete, übergibt das Familienoberhaupt nun nach 42 Jahren an seinen Sohn Thomas, der nach Erhalt seines Meisterbriefes bereits seit 12 Jahren im Familienunternehmen mitarbeitet. Natürlich hat Aloysius Knein längst einen Plan für die Zeit nach dem Generationswechsel. „Selbstverständlich arbeite ich auch weiterhin im Betrieb mit, möchte mich aber vor allem konkret auf Steinobst wie Aprikose, Pfirsich oder Nektarine konzentrieren.“

Auf Grund des Klimawandels experimentiert er bereits im dritten Jahr mit zehn unterschiedlichen Sorten. Einen weiteren Fokus legt er auf das Züchten von Birnen. Inzwischen hat er 40 unterschiedliche Sorten in der Testung. Darunter auch zehn asiatische Birnen (Nashi). Auf einer Fläche von drei Hektar werden Birnensorten, die sich nicht bewährt haben, am Stamm abgesägt und durch die Aufpropfung neuer Sorten veredelt. Im herkömmlichen Erwerbsobstbau werden Birnen zu 99 Prozent durch Quitten als Unterlage (Wurzel) veredelt. Die Quitte hat diverse Nachteile, wie beispielsweise mangelnde Frosthärte. Aloysius Knein möchte allerdings eine Birnenunterlage züchten, die die Vorteile der Quitten (Schwachwüchsigkeit) in sich trägt, aber nicht deren Nachteile. Hierzu kreuzt er unterschiedliche asiatische Wildbirnenarten ein. Der Bio-Obstbauer ist darüber hinaus auch Mitglied in einer biologischen Züchtungsgemeinschaft und testet für diese neue biologische Apfelsorten.

Aloysius Knein war einer der ersten Obstbetriebe in Nordrhein-Westfalen, der sich bewusst für den ökologischen Anbau entschied. Seine natürliche Neugierde und Freude an Herausforderungen führten ihn letztendlich zu seinem Beruf. „Biologisch und dabei gleichzeitig wirtschaftlich Äpfel und Birnen anzubauen, das ist schon eine echte Herausforderung - aber das war, ist und bleibt genau meine Mission.“

Text und Fotos: (bvl)

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